Bela B
"Ich genieße es den Entertainer raushängen zu lassen."

Braunschweig, 1. Oktober 2006. Genau vor acht Jahren habe ich in dieser Stadt einst mein erstes Konzert von die ärzte gesehen. Nun kehrte ich in diese Stadt zurück um mit Bela B. vor dem Konzert mit seiner Band Los Helmstedt ausführlich über sein Soloalbum und weitere Leidenschaften wie die Schauspielerei, das Laufen oder Social Distortion zu erzählen. Das Gespräch fand in angenehm-lässiger Atmosphäre im Innenhof des Jolly Jokers statt.

Als eifriger Tourtagebuch-Leser habe ich ja schon fast ein schlechtes Gewissen dich zu interviewen. Du scheinst dir auf Tour ja sehr viel Stress aufzuladen?

Ja, stimmt. Es ist ein bisschen viel. Aber gestern in Wien hat Paule Tagebuch geschrieben und die anderen haben sich dezent heraus gehalten. Danny hat in Frankfurt vor dem Konzert Tagebuch geschrieben, da musste ich dann also auch noch mal eine ganze Menge dazuschrieben. Insofern war er mir keine große Hilfe (lacht).

Wie zufrieden warst du mit der Tour?

Super zufrieden. Man kann auf meiner Homepage nachlesen, dass es ein Konzert gab, was wir als Band selber nicht so toll fanden. Da waren wir als Band unzufrieden mit uns. Das Publikum fand's aber trotzdem super, was natürlich für die Show spricht (grinst). Insgesamt bin ich sehr zufrieden. Die Leute, die mitreisen, kriegen mit, dass kein Konzert sich dem anderen gleicht. Wir wechseln auch mal die Setlist und tauschen ein paar Songs aus - zwar nicht viel - aber immerhin. Viel können wir leider nicht ändern, da uns dadurch, dass wir auf der Tour sieben verschiedene Vorbands dabei haben, Zeit zum Proben fehlt. Heute sind zum ersten und einzigen Mal She-Male Trouble aus Berlin mit dabei, die auch erst mal länger beim Soundcheck brauchen. Wir wollen aber heute noch eine neue Coverversion spielen und gleich noch backstage dafür etwas proben.

Ich habe eure Shows in Köln und Düsseldorf gesehen und war sehr begeistert, was auch der grandiosen Vorband The Other zu verdanken ist.

Ja, stimmt. Die waren bei beiden Shows dabei und sind sehr cool. Wobei The Other in Düsseldorf nicht so gut ankamen, da hatten sie aber auch einen echt beschissenen Sound und auch technische Probleme. Ich stelle aber fest, dass alle Bands, die mit uns auf Tour waren, von der Vorband-Rolle profitiert haben. Selbst Schrottgrenze, die es ja schon seit 12 Jahren gibt, haben profitiert und in Linz fast ihren kompletten Merchandise verkauft, weil ich gesagt habe: "Kauft euch ihre CD!". Das hat also gut funktioniert und ist ja auch letztlich Sinn der Sache.

Du bist nun bereits zum zweiten Mal als Bandleader unterwegs...

... na ja, zum ersten Mal aber als Solokünstler. Bei Depp Jones war ich schon zum Teil Bandleader, aber wir waren eigentlich alle gleichberechtigt und das ist jetzt nicht der Fall. Ich bin der Boss, der Human-Boss. Was ich sage, passiert. Jeder kann sich einbringen und wir diskutieren auch Sachen, aber die endgültige Entscheidung liegt bei mir.

Ist es schöneres Gefühl als on the road mit die ärzte?

Nein. Man kann es aber auch nicht vergleichen, weil die ärzte ja schon ein sehr einzigartiges Gebilde sind, da es sich um drei gleichberechtigte Persönlichkeiten handelt -  wobei zwei etwas lauter sind als der Dritte. Das jetzige Gefüge - also Bela B. und seine Band oder Farin Urlaub und das Racing Team - ist da schon das normale Gefüge, denn selbst Bands, die nach außen hin als Einheit auftreten, besitzen meist einen Bandleader und das ist bei die ärzte nicht der Fall. Die Presse sieht das aber gerne etwas anders. Es ist dann immer schön zu sehen, dass wenn ich ein Interview gebe, es im Text heißt "Oberarzt Bela B. ..." und bei Farin dann "Oberarzt Farin Urlaub...".

Man müsste eigentlich mal ein Ranking aufstellen, wer von euch beiden häufiger als Bandleader tituliert wird.

Ja, das wäre mal interessant (lacht). Einige Journalisten machen sich auch gar nicht die Mühe, dass zu verstehen. In Interviews wird mir dann die Frage nach meinem Sänger gestellt und ich sag dann immer: "Wie mein Sänger? Wir haben drei Sänger...". Das ist halt hanebüchen, wenn sich Presse-Leute null informieren. Aber zurück zur Frage: ich genieße es den Entertainer raushängen zu lassen, weil es eine Sache ist, die mir im Blut liegt und ich mir durch die Schauspielerei auch einige Gesten, Mimiken usw. aneignen konnte. Mir macht das sehr viel Spaß. Andererseits kann ich mich bei die ärzte auch mal in Ruhe umdrehen und was trinken, was solo nur schwer möglich ist.

Diese Erfahrung hat Farin ja auch schon gemacht.

Ja, genau und ich trinke leider auch viel zu wenig bei den Konzerten - meist erst bei den Zugaben.

Mir ist aufgefallen, dass du auf den Konzerten teilweise sehr persönlich wirst. "Letzter Tag" widmest du ja stets deiner inzwischen verstorbenen Freundin Christa und in Köln hast du "Was ist nur los?" deinem anwesenden Vater gewünscht. Ist das ein kleiner Wandel bei dir?

Ich versuche mein Privatleben schon geheim zu halten, was nicht ganz möglich ist, da halt auch jeder weiß, wer meine Freundin ist. Mittlerweile finde ich das aber auch ganz lustig finde, weil wir auf unseren unterschiedlichen Feldern dann auch öfters diesbezügliche Anspielungen machen. In Köln habe ich meinen Vater nach sehr langer Zeit wieder getroffen und ich war dann so gerührt, dass ich mich zu einer Ansage habe hinreißen lassen. Das kommt schon mal vor. Was meine Songs betrifft, bin ich eben Künstler und verarbeite auch persönliche Erfahrungen in den Songs. Der Tod meiner Freundin Christa ist noch nicht so lange her, da sie erst vor zwei Monaten gestorben ist. Ich widme ihr jeden Abend den Song, den ich über ihren Todeskampf geschrieben habe und bin dann für einen kleinen Augenblick bei ihr. Außer ein paar sehr guten Freunden weiß aber keiner, wer sie war. In Köln habe ich aber noch ein paar andere Widmungen versteckt, die nicht so viele Leute mitbekommen haben, z.B. habe ich was über Ina Deter gesagt, denn Mickie Meuser unser Produzent vom Album "Im Schatten der Ärzte" war ja früher Bassist in ihrer Band und war im Publikum. Dass musste ich dann unbedingt kurz loswerden (lacht).

Wer zeigt sich eigentlich für dein außergewöhnliches Bühnenoutfit verantwortlich?

Da mache ich gerne Reklame für, denn es handelt sich hierbei um Kathleen Jung von SPOAST, die eigentlich aus der Gothic-Szene stammt. Ich bin durch eine Modestrecke im Uncle Sally's Magazin auf sie aufmerksam geworden. Das hat mir sehr gut gefallen und ich habe sie einfach angerufen. Es war auch ihre Idee mit der offenen Weste und mit den Anzügen. Ich kann die Anzüge ja dann noch weiter verwenden, wenn ich auf Filmpremieren gehe...

... oder wenn du doch noch eine Bankkaufmannslehre startest...

... richtig (lacht). Es ist glamourös, ein bisschen sexy und es passiert auch etwas. Die Idee dabei war, dass sich mit wechselnden Outfit auch das Bühnenbild ändern soll, was natürlich nur schwer möglich ist, da wir insgesamt sechs Leute sind und ich nicht aber allen Anzüge kaufen kann. Ich habe ihnen jedoch weiße Schuhe gekauft und ihnen Cowboyhüte, Augenklappen und Armbinden geschenkt, die das Bühnenbild dann ein bisschen verändern. Ich kann halt bei meiner Band ganz egoistisch meinen Hang zur Show voll ausleben. Bei die ärzte mache ich das einfach nur alleine. Ich kriege Farin Urlaub nicht dazu sich auch eine Armbinde anzulegen.

Die Veröffentlichung von "Bingo" liegt jetzt schon vier Monate zurück. Wie zufrieden bist du mit der Resonanz?

Die Leute finden's eigentlich gut und die Kritiken sind auch gut. Was mich immer trifft sind so Statements wie "Die Platte klingt wie die ärzte" und das tun halt einige, obwohl es natürlich Schwachsinn ist. Das sind halt Kritiker, die sich keine Mühe geben, die nörgeln dann an den Live-Shows herum von wegen "bescheidende Gitarrenkünste" oder "Die Show ist viel zu kurz". Dabei spielen wir jeden Abend zwei Stunden - außer auf Festivals. Solche Kritiken gehen mir dann auch leider nicht am Arsch vorbei, da ich ja schon auf die Reaktion wert lege und mich interessiert, was die Leute über das Album denken. Die Meinungen der Leute sind aber durchweg gut, wobei es natürlich gerade bei den die ärzte-Fans schwierig ist. Einige mögen dann halt nicht das Album, weil es eben nicht nach die ärzte klingt. Das ist dann natürlich auch in gewisser Weise ein Zuspruch für mich.

Ich bin eigentlich durchweg begeistert von deinem Album - hatte aber vom Stil her eher so ein Neo-Swing Album im Big-Band Stil erwartet.

Echt? (lacht). Das hatte ich ja auch mal gesagt gehabt. Es sollte aber eigentlich schon eine Rockplatte werden. Obwohl ich ja sonst Fan von Bands mit Showkonzepten wie Rocket From The Crypt, Reverend Horton Heat und den alten Meistern bin.

Du wirst ja auch immer gefragt, was Farin zu deinem Album gesagt hat, doch was sagt denn eigentlich Rod zu deinem Soloalbum?

Er hat in meinem Beisein sechs Songs gehört - das waren so die Sixties-Songs - und die haben ihm alle sehr gut gefallen. Seitdem habe ich ihn aber nicht mehr gesprochen. Er war auch nicht bei meinem Konzert, da er zu dem Zeitpunkt nochim Urlaub war. Wie bei Farin werde ich aber von seiner Detailkritik nichts verraten (grinst).

Ich persönlich finde, dass du auf deinem Soloalbum die besten Songs seit dem "Spendierhosen"-Album von die ärzte geschrieben hast. Es scheint so, als ob du mit dir selbst mehr ins Reine gekommen bist.

Das ist auch so. Das Songschreiben für die letzte die ärzte-Platte war in der Tat ein gewaltiger Kraftakt. Ich hatteüberhaupt keine Lust und war auch sehr unzufrieden. Die derzeitige lange Pause bei die ärzte, die wir im Moment machen, wäre für mich damals eigentlich schon angebracht gewesen.

Du hast deine Platte mit Wayne Jackson und Olsen Involtini, die beide auch in deiner Band spielen, produziert. Wie siehst du die Begegnung mit den Beiden im Vergleich zu der mit Farin anno 1980?

Also ich habe Wayne und Olsen nicht beim Pogo tanzen in der Disco kennen gelernt (lacht). Ich weiß auch gar nicht mehr genau, wie ich die beiden erstmalig kennen gelernt habe. Wir sind aber direkt ins Studio gegangen und haben mit Lula an dem Stück für den KLF-Tributsampler gearbeitet und sind gleich sehr gut miteinander klar gekommen.

Wann gibt' denn eigentlich mal dieses ominöse KLF-Stück zu hören?

Das ist wirklich ärgerlich mit dem Song. Wir wollten den Song jetzt schon als B-Seite auf der neuen Single veröffentlichen und dem Label abkaufen. Das Label hat die Studiokosten bezahlt und der Song gehört denen, doch die bekommen es aus irgendwelchen Rechtsgründen nicht veröffentlicht. Das geht jetzt schon seit zwei, drei Jahren so und da wir keine Zeit gehabt haben eine B-Seite für die neue Single aufzunehmen, wollten wir den Song jetzt verwenden - aber das war wohl nichts.
Wir haben aber jetzt trotzdem eine geniale neue Single zusammen. Roy Paci ist auch wieder mit dabei und hat eine Mambo-Version beigesteuert, die heißt "Sie hat den Mambo vermisst". Die Vorgehensweise war dabei ähnlich der Version, die sie von "Tag mit Schutzumschlag" gemacht haben - also wieder eine neue Melodie, auf die ich dann meinen Song gesungen habe. Dann wird es noch ein Stück geben, was Wayne, Olsen, Paule und ich auf der Tour in Magdeburg beim Sondcheck aufgenommen haben und einen total albernen Text über Zombies besitzt (lacht). Aber es ist sehr geil und eine Neuinterpretation von "Baby läuft fort" mit Walzer-Anleihen - sehr abgefahren. Außerdem sind noch We Are Scientists mit einer Coverversion von "Sie hat was vermisst" vertreten. Ich musste ihnen auch versprechen, dass ich für deren nächstes Album auch eine Coverversion von einem ihrer Songs aufnehme. Ich werde sie jetzt aber auf Tour im November erst kennen lernen, denn ich kenne sie tatsächlich eigentlich gar nicht persönlich. Ihre Version ist aber sehr geil geworden. Die ist ellenlang und ...

... und sie hatten wahrscheinlich keine Ahnung, worüber sie eigentlich gesungen haben...

... doch, doch (lacht). Sie hatten eine Übersetzerin, denn sie wollten es erst auf englisch singen, haben dann aber doch eine deutsche Version aufgenommen. Mehr will ich aber jetzt nicht verraten. Ich muss jetzt halt nach der Tour noch das Video drehen und dann haben wir alles im Kasten. Wir wollen aber danach noch eine Single veröffentlichen und eventuell im nächsten Jahr noch eine weitere, da wir im nächsten Sommer noch einige Festivals spielen wollen. Da muss aber erst mal die Plattenfirma noch mitspielen (lacht).

Was hat dich denn bewogen "Sie hat was vermisst" als Single auszukoppeln?

Für mich war das von Anfang an klar. Wir haben halt nur wegen der Veröffentlichung gezögert, denn wir wollten diesen melancholischen Song nicht im Sommer veröffentlichen. Außerdem haben wir vom Song noch mal einen Remix angefertigt, da uns die Streicher auf der Album-Version zu glatt waren. Jetzt ist er halt ein bisschen rauer geworden.

Wie ich gelesen habe, hast du die Schlagzeug-Parts deines Albums im Studio von Mousse T. in Hannover aufgenommen. Was hältst du von ihm und seiner Musik?

Mousse T. ist ein unglaublich netter Typ. Er kommt jeden Tag ins Studio und erkundigt sich, ob es allen gut geht - angefangen von der Sekretärin bis hin zur Putzfrau. So verbringt er wohl jeden Tag eine Stunde in seinem Studio und manchmal arbeitet er auch da. Ich persönlich finde, was er mit Tom Jones gemacht hat, geil. "Horny" ist aber echt ein übles Stück - vor allem vom Text her. Ich stehe ja eigentlich nicht so auf Dancefloor- und House-Musik, aber ich habe schon Respekt vor seinem Werk und was er insgesamt in Hannover auf die Beine gestellt hat.

Du hast auf der Platte das Stück "ZappingSong". Was schaust du dir selber überhaupt noch im Fernsehen an?

Ich kaufe mir mittlerweile Serien als DVD-Box, damit ich mir aussuchen kann, wann ich sie schauen will. Ich warte ja bei "24", eine meiner Lieblingsserien, nicht eine Woche auf die neue Folge. Im Fernsehen schaue ich dann gerne "Die Simpsons", wobei die zu einer echt ungünstigen Uhrzeit laufen, oder natürlich Fußball, wobei die Sendezeiten zu meiner Mannschaft, dem FC St. Pauli, da eher spärlich gesät sind. Ansonsten schaue ich Informationssendungen wie Nachrichten oder Dokumentationen oder jetzt auf Tour den ARD-"Presseclub" am Sonntag, wo ich meinem Wunsch nach Information nachkomme. Kürzlich lief da eine Diskussion der Journalisten über die aktuelle Islam-Thematik und das fand ich schon interessant, wobei das auch daran liegen kann, dass hinter der Bühne ständig übers Ficken geredet wird (lacht).

Wie sieht es mit den derzeitigen Filmprojekten bei dir aus. Ich habe von deiner Teilnahme bei den Dreharbeiten zum "Deich-Elvis" erfahren?

Ja, genau. "Deich-Elvis" ist eine kleine aber ganz tolle Rolle gewesen. Ich bin schon seit zwei Jahren in das Projekt involviert und jetzt, wo sie es gedreht haben, musste meine Rolle leider aus Zeitgründen verkleinert werden. Ich spiele da einen Priester. Außerdem bin ich gerade in der Vorbereitung zu einer großen Rolle in einer Literaturverfilmung, die nächstes Jahr gedreht werden soll. Da kann ich aber noch nichts Genaueres zu sagen.

Was mir aufgefallen ist, dass es trotz bekannter gegenseitiger Sympathie nie zu einer Zusammenarbeit zwischen dir und Detlev Buck gekommen ist?

Stimmt. Das ist wirklich schade. Wir stehen auch noch in Kontakt und er buhlt auch weiter um mich. Es hat aber bisher nicht sollen sein. Ich muss aber sagen, dass ich mit einigen Regisseuren befreundet bin, die mich alle bisher noch nicht gebucht haben (lacht). Darüber hinaus stehen bei mir aber auch noch weitere Hörbuch-Sprechrollen an. Eine Rolle ist z.B. zu einem Buch, die ich eigentlich erst gar nicht wollte und während der Tour habe ich jetzt wieder meinen Beitrag zu weiteren Folgen aus der "Vampyra"-Reihe eingesprochen, wo ich Landru, den Obervampir, spreche. Außerdem habe ich noch eine Anfrage für ein Theaterstück im nächsten Jahr.

Du hast vor kurzem in einem Interview gesagt, dass du den Social Distortion-Frontmann Mike Ness für seine Style bewunderst. Wie gefiel dir denn eigentlich das letzte Social D.-Album?

Ich finde es sehr gut, aber für mich kommt es halt nicht an den Vorgänger "White Light, White Heat, White Trash" heran, was aber auch schwierig ist, wenn man neun Jahre auf den Nachfolger gewartet hat. Bei jeder anderen Band würde man das Album abfeiern und bei Social D. ist es halt nur das zweitbeste Album (lacht). Das einzige was ich an Mike Ness nicht mag, wenn Kritik angebracht ist, ist das Herumreiten auf seinen Punkrock-Roots.

Du meinst so à la "You know the time, when Punkrock was dangerous"?

Genau (lacht). Dieses Aufspielen als Großvater des Punkrock ist für mich eine etwas befremdliche Attitüde.

Wir haben beide außer Social D. noch eine gemeinsame Leidenschaft: das Laufen. Wie sieht es mit deiner Form im Moment aus?

Geht so. Im Moment habe ich eine kleine Grippe, sonst versuche ich aber auch auf Tour zum Laufen zu kommen.

Läufst du lieber alleine oder mit einem Partner?

Zur Zeit ist mein iPod kaputt, weswegen ich mir schon einen Partner wünsche (lacht). In Hamburg laufe ich aber mit einem Freund und wir reden dann sehr viel. Das ist auch immer eine gute Kontrolle davor sich nicht zu überschätzen und auszupowern. Auf Tour genieße ich es aber auch alleine zu laufen und mal einen Moment Ruhe zu haben.

Wie stellst du es an, dabei nicht erkannt zu werden?

Ich habe meistens eine Mütze und Sonnenbrille auf und wenn ich erkannt werde, dann laufe ich halt weiter. Bei den meisten Leuten dauert es halt, bis sie merken, dass gerade Bela B. an ihnen vorbei gelaufen ist. Vor kurzem habe ich mich aber in Köln auf dem Weg zurück ins Hotel verlaufen und bin dann in ein Straßencafé gegangen um nach den Weg zu fragen. Da saßen aber auch ein paar Mädchen, die wohl gerade aus der Schule kamen, und mich erkannt haben und dann bin ich ohne die Antwort abzuwarten wieder abgedampft. Die Straße war nämlich wirklich voll und wenn die Mädchen mich erkannt haben, dann dauert es in der Regel nicht lange, bis weitere Leute dazukommen...

... nach dem Motto "Lassen Sie doch mal das Kind nach vorne!"...

... ja, genau (lacht).

Wo wir gerade bei dem Loriot-Zitat sind. Was ist dein Lieblings Loriot-Sketch?

Da gibt es viele, denn es ist eigentlich alles komplett geil. Meine Lieblinge sind die eben von dir angesprochene Szene im Restaurant mit dem Herrn, der in Ruhe seine Kalbshaxe "Florida" essen will oder der Streit um den "Kosakenzipfel". Auch seine Darstellung als Horrordarsteller Vic Dorn ist genial. Wir haben ihm ja damals bei S.U.M.P. unser Cover gewidmet. Loriot ist ohne Zweifel großartig.

Ich hoffe, du rechnest es mir hoch an, dass ich für das Interview heute meinen geplanten Konzertbesuch bei Olli Schulz in Köln sausen lassen habe...

... oh, ja. Schweres Opfer in der Tat.

Er hat ja zur letzten Single eine großartige Version von "1. 2. 3. ..." beigesteuert. Wer hat hier wen zuerst angesprochen?

Es ist bei diesen Versionen immer so, dass ich die Leute anspreche, ob sie Lust dazu hätten. Meistens geschieht dies natürlich sehr früh, da es natürlich eine geile Version werden soll. Bei "Tag mit Schutzumschlag" hatten wir auch Trost, die Band von Annika Trost und Ralf Goldkind, die auch in München Support waren, gefragt und die haben auch eine Version gemacht. Der Song heißt "Schutzumschlag" und hat aber außer dem Wort nichts mit dem eigentlichen Song gemeinsam und sie haben mich dann eine Stunde lang versucht davon zu überzeugen den Song zu nehmen. Die Entscheidung war letztlich auch sehr schwer für mich, doch ich habe mich entschlossen den Song nicht zu nehmen. Wir haben ihnen schließlich die Studiokosten erstattet, denn es für uns war halt keine Coverversion. Bei Olli Schulz war das aber anders. Er hat zwar einige Textänderungen untergebracht und hatte auch etwas Schiss, da er mich als arrogant dargestellt hatte, und dass ich deswegen sauer auf ihn sein könnte. Da kennen wir uns aber scheinbar noch nicht gut genug, denn ich fand's großartig. Ich habe auch schon ein paar Songs aus seinem neuen Album hören können, die richtig gut sind - auch wenn er nicht mehr so komisch daherkommt.

Als letztes will ich mit dir noch ein kleines Band-Brainstorming durchführen. Ich gebe dir Namen von Bands vor und du sagst einfach, was dir dazu einfällt. Beginnen wir mit Deichkind?

Sind eine sehr liebenswerte Band. Ich habe neulich nach einem Public-Viewing bei der WM einen von ihnen getroffen, der sich sichtlich gefreut hatte, mir die Hand schütteln zu dürfen. Leider war er so betrunken, dass er sich nicht mehr klar artikulieren konnte (lacht). Ich finde ihre aktuelle Platte richtig gut. Als Rapper haben sie mich hingegen einst nicht so überzeugt.

Die Erste Allgemeine Verunsicherung?

(lacht) Die waren mir eigentlich immer egal. Ich fand die nie lustig. Der Kultstatus, den die in Österreich genießen, hat nichts mit ihrem Image hier in Deutschland zu tun. In Deutschland sind sie einfach nur eine weitere Stimmungsband wie die Höhner aber in Österreich halt immer noch Kult.

Kettcar?

Schwierig. Marcus Wiebusch ist ein total toller Typ und extrem guter Texter und die Band ist wirklich nett. Mir sagt aber die Musik nichts. Das ist für mich zu ruhig und hat für mich immer was von College-Rock. Ich war aber seinerzeit großer Fan von ...But Alive.

The Busters?

Die Busters sind eine geile Ska-Band. obwohl ich eigentlich nicht so der Ska-Fan bin. Die Busters sind im Vergleich zu allen anderen Ska-Bands in Deutschland sehr professionell, was mal ein Segen, aber mal eben auch ein Fluch sein kann. Ich wünschte mir, dass sie mehr Platten verkaufen würden und etwas bekannter wären.

Die Bloodhound Gang?

Das sind echte Chaoten (lacht). Ich war einst großer Fan der Bloodhound Gang, doch ihre letzte Platte hat mich nicht wirklich überzeugt. Ich find die Typen aber immer sehr nett - nur leider kommt man mit denen nicht so oft ins Gerede, weil die meistens schon dicht sind, wenn man backstage kommt (lacht). Sie sind auch zu ihren Fans sehr nett, außer zu denen, die sie auf die Bühne holen. Die Aktion damals bei den MTV Hard Pop Days, als sie in das Sauerkraut gepinkelt haben, was später ein Fan gegessen hat, fand ich nicht geil. Bei die ärzte ist die Band sehr umstritten. Rod fand die immer oberflächlich. Sie polarisieren aber auch sehr stark und sind irgendwie auch ein bisschen mit die ärzte vergleichbar - nur dass der Fäkalhumor noch ein bisschen ausgeprägter scheint. Evil Jared war auch vor kurzem bei unserem Konzert in München - war nur leider etwas sehr betrunken.

Bela, vielen Dank für das Interview.

© Stefan Üblacker